COSMIC DANCE
AT ELEKTROHALLE RHOMBERG
In the pastel-colored works of the Vienna-based artist Anita Schmid, a complex and at the same time balanced understanding of the world is expressed. The structured picture surface is characterized by a delicate tension between two poles. The static gently surrenders to the organic, symmetries are build up only to start to stagger, and curves assert themselves against edges. Always approachable, consensual and considerate, the artist thus formulates a harmonious conception of cosmic aesthetics.
In geometric choreographies, the non-objective forms contour and weave themselves into thoughtfully moving compositions. The generally rational, almost cold understanding of geometry is subverted on the artist’s part and countered in intuitive transformations. She applies the pastel chalk, crushed to dust, as powder in direct contact with the picture surface through her hands. This meditative and intimate painterly process terminates the distance from color pigment to support material and personal gesture of the artist.
Mathematical phenomena such as the Fibonacci sequence and the resulting golden spiral can still be glimpsed in the works, but have long been expanded by sensitive expressions; they fragment the supposedly fixed absoluteness of the originally geometrically constructed pictorial surface. This way of working is not exhausted in the formal interest in the pure breaking of geometric rules. Rather, this softening stands for the increasing annulment of a rational matrix for understanding the world. With the help of the expressive addition of formal intervention, a world grasped by a cool mind begins to sway. Consequently, the artist's pastel paintings reveal that two supposedly opposing poles are ultimately nothing less than intertwined and interwoven yarns of the same string. In the aesthetic balance between reason and emotion, symmetry and asymmetry, form finding and form dissolution, Anita Schmid lets the picture’s surface perform a cosmic dance.
- Niklas Koschel
In den pastellfarbenen Arbeiten der in Wien lebenden Künstlerin Anita Schmid, äußert sich ein komplexes und zugleich ausgewogenes Verständnis der Welt. Die strukturierte Bildfläche zeichnet sich hierbei durch ein zartes Spannungsfeld zweier Pole aus. Das Statische ergibt sich sanft dem Organischen, Symmetrien werden fokussiert, um im nächsten Moment ins Taumeln zu geraten und Rundungen behaupten sich gegen Kanten. Immer nahbar, einvernehmlich und besonnen formuliert die Künstlerin damit eine harmonische Auffassung kosmischer Ästhetik.
In geometrischen Choreographien konturieren und verweben sich die gegenstandslosen Formen zu bedacht bewegten Kompositionen. Das allgemein rationale, fast kühle Verständnis von Geometrie wird seitens der Künstlerin unterwandert und in intuitiven Wandlungen gekontert. Hierfür trägt sie zu Staub zerkleinerte Pastellkreide als Pulver in direktem Kontakt zur Bildfläche durch ihre Hände auf. Dieser meditative und intime, malerische Vorgang kündigt die Distanz von Farbpigment zu Trägermaterial und persönlicher Geste der Künstlerin. Mathematische Phänomene wie die Fibonacci-Folge und die sich hieraus ergebende Goldene Spirale lassen sich in den Werken zwar noch erahnen, sind aber längst durch empfindsame Ausdrücke erweitert worden; sie fragmentieren die vermeintlich festgeschriebene Absolutheit der im Ursprung geometrisch konstruierten Bildfläche. Diese Arbeitsweise erschöpft sich hierbei nicht im formalen Interesse am reinen Durchbrechen geometrischer Regelwerke. Viel mehr steht dieses Aufweichen für die zunehmende Annullierung einer rationalen Matrix von Weltauffassung. Mithilfe des expressiven Zusatzes persönlicher Intervention gerät eine durch den kühlen Verstand erfasste Welt ins Schwanken. Die Pastellbilder der Künstlerin offenbaren, dass zwei vermeintlich gegensätzlich gedachte Pole letztlich nicht weniger als zwei verschlungene, verwobene Garne ein und derselben Kordel sind. Im ästhetischen Gleichgewicht zwischen Ratio und Emotion, Symmetrie und Asymmetrie, Formfindung und -auflösung, lässt Anita Schmid die Bildfläche einen kosmischen Tanz aufführen.
- Niklas Koschel
